BVerfG: Die Beitragspflicht für betriebliche Altersversorgung in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung ist verfassungsgemäß

Joachim Schwede Archiv Leave a Comment

Die Beitragspflicht für Versorgungsbezüge, zu denen auch Renten der betrieblichen Altersversorgung gehören, in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ist nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) mit der Verfassung vereinbar (Beschluss vom 09.07.2018 – 1 BvL 2/18). Es sei kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gegeben und es werde nicht unverhältnismäßig in die Rechte der Betroffenen eingegriffen.

Hintergrund

Für die Beitragsbemessung in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung werden von versicherungspflichtig Beschäftigten und versicherungspflichtigen Rentnern unter anderem die mit der Rente vergleichbaren Einnahmen zugrunde gelegt. Von diesen sog. Versorgungsbezügen sind auch Renten der betrieblichen Altersversorgung umfasst. Durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung wurde 2004 der zuvor geltende halbe Beitragssatz auf einen vollen allgemeinen Beitragssatz angehoben und neben Renten nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen von der Beitragspflicht erfasst.

Was war geschehen?

Der Kläger des Ausgangsverfahrens war bei der im Ausgangsverfahren beklagten Krankenkasse pflichtversichert. Der Arbeitgeber des Klägers schloss für ihn 2007 eine Direktversicherung ab, deren Prämien weitgehend aus dem Bruttolohn des Klägers abgeführt worden sind. Nachdem der Kläger 2015 eine Kapitalauszahlung erhielt, erhob er gegen die Festsetzung der monatlichen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für den 120. Anteil der Auszahlung Klage zum Sozialgericht mit der Begründung, dass die Kapitalzahlung überwiegend durch seine Eigenleistung erwirtschaftet worden sei und daher kein Versorgungsbezug vorliege. Das Sozialgericht setzte das Verfahren aus und legte dem BVerfG die Frage vor, ob die Normen des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V in Verbindung mit § 226 Abs. 1 Satz 1 SGB V gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

BVerfG: SG-Vorlage mangels ausreichender Begründung bereits unzulässig

Das BVerfG hat die Vorlage bereits für unzulässig erachtet, da sie jedenfalls nicht den Begründungsanforderungen des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG genüge. Das vorlegende Gericht müsse bei einem Normenkontrollverfahren nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG darlegen, inwiefern die Gültigkeit der Rechtsvorschrift für die Entscheidung erheblich und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm sie unvereinbar sei. Dafür müsse das vorlegende Gericht umfassend darlegen, warum es von der Unvereinbarkeit der Norm mit der Verfassung überzeugt sei und sich dabei insbesondere mit den tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sowie mit der maßgeblichen BVerfG-Rechtsprechung auseinandersetzen. Laut BVerfG genügt die Vorlage des Sozialgerichts diesen Anforderungen nicht. Insbesondere führe das vorlegende Gericht selbst aus, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens von der behaupteten Ungleichbehandlung einer doppelten Beitragsbelastung gar nicht betroffen ist. Die Einzahlungen aus seinem Arbeitsentgelt seien nach einer Privilegierung der Sozialversicherungsentgeltverordnung beitragsfrei in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung gewesen. Die Beitragspflicht sei lediglich bei der Kapitalauszahlung der Direktversicherung entstanden.

Die Beitragspflicht für Versorgungsbezüge ist bereits nach der bisherigen Rechtsprechung verfassungskonform

Ferner moniert das BVerfG, dass sich die Vorlage nicht zutreffend mit seiner bisherigen Rechtsprechung auseinandersetze. Danach sei die Beitragspflicht für Versorgungsbezüge in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung und auch die Anhebung auf den vollen allgemeinen Beitragssatz verfassungsgemäß. Es gebe keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, wonach Pflichtmitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung nur einen halben Beitragssatz zu entrichten hätten. Das BVerfG habe bislang die Typisierung einer Eigenleistung des Arbeitnehmers als Versorgungsbezug unter Weiternutzung des institutionellen Rahmens des Betriebsrentenrechts nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses als verfassungsgemäß betrachtet. Das SG habe es versäumt, sich mit den daraus ableitbaren Maßstäben auseinander zu setzen und darzulegen, inwiefern und unter welchen Gesichtspunkten das BVerfG von seiner diesbezüglichen Rechtsprechung abweichen sollte. Die vom SG behauptete Ungleichbehandlung aus einem Zusammenspiel zwischen Beitragslast, Beitragssatz und Zahlungspflicht sei nicht ersichtlich.

Über den Autor: Joachim Schwede

Joachim Schwede Rechtsanwalt aus Aichach
Ihr Berater zu Fragen im Arbeits-, Sozial -, Arbeitsschutz- und KiTa-Recht.

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