“Freier Mitarbeiter” oder Arbeitnehmer – worauf kommt es an?

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Ein aktuelles Urteil des Sozialgericht (SG) Heilbronn gibt Anlass, nochmals darauf hinzuweisen, dass es formale Kriterien gibt, an denen festgemacht wird, wann jemand einen Arbeitnehmerstatus hat und wann nicht – wie man sich selbst einschätzt, ist dabei vollkommen ohne Belang!

Die Klägerin – eine Krankenschwester für Anästhesie und Intensivmedizin – war vermittelt über eine Agentur in einem Verbund mit anderen Pflegekräften als “freie Mitarbeiterin“ in verschiedenen Krankenhäusern tätig. Für ihre Tätigkeit als Intensivpflegekraft in den Monaten April bis Juni 2014 erhielt sie vom beigeladenen Krankenhaus, mit dem sie zuvor einen “Dienstleistungsvertrag“ geschlossen hatte, eine Vergütung von mehr als 17.000 €. Vertraglich war vereinbart, dass die Klägerin “Dienstleistungen gemäß dem Berufsbild einer examinierten Kranken- und Gesundheitspflegekraft“ erbringt und “kein Arbeitnehmer (…) im Sinne des Sozialversicherungs-, Steuer- und Arbeitsrechtes“ ist. Zudem könne die Klägerin “als freier Unternehmer grundsätzlich auch mehr als 10 Stunden/Tag eingesetzt werden“. Nach einem Statusfeststellungsantrag entschied die beklagte Rentenversicherung, dass die Klägerin beim Krankenhaus im betreffenden Zeitraum abhängig beschäftigt gewesen ist.

Das SG Heilbronn hat die Klage der Krankenschwester mit Urteil vom 1.2.2017 (Az.: S 10 R 3237/15) abgewiesen. Zwar sei der Wille der Vertragsparteien, eine freie Mitarbeit vereinbaren zu wollen, ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Hier sei aber maßgeblich, dass die Klägerin in die betriebliche Organisation des Krankenhauses eingebunden gewesen sei. So habe sie Patienten bei Dienstantritt übernommen und nach Dienstende wieder übergeben. Anweisungen der diensthabenden Ärzte habe sie befolgen müssen, die Stationsleitung habe ihre Arbeit kontrolliert. Notwendigerweise habe sie mit fest angestellten Pflegekräften des Krankenhauses zusammengearbeitet. Zudem habe sie auch kein wirtschaftliches Risiko getragen, denn es sei von vornherein ein festes Stundenhonorar vereinbart gewesen. Auch sei sie keinem Unternehmerrisiko ausgesetzt gewesen, da sie selbst weder Arbeitnehmer beschäftigt noch wesentliches Eigenkapital eingesetzt habe. So habe sie nach eigenen Angaben lediglich zu Hause ein “Büro“ unterhalten. Sie sei vielmehr lediglich einem Einkommensrisiko ausgesetzt gewesen, welches jeden Arbeitnehmer treffen könne, der nur Zeitverträge bekomme oder auf Abruf arbeite und nach Stunden bezahlt werde. Dass nach den Angaben des Krankenhauses derzeit ein Personalmangel bestehe, sei, so das Gericht, ein Problem des Arbeitsmarktes und könne nicht die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit rechtfertigen.

Über den Autor: Joachim Schwede

Joachim Schwede Rechtsanwalt aus Aichach
Ihr Berater zu Fragen im Arbeits-, Sozial -, Arbeitsschutz- und KiTa-Recht.

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