SG Karlsruhe: Verletzung der Mitwirkungspflicht im sozialgerichtlichen Verfahren kann zur Klageabweisung führen

Joachim Schwede Archiv Leave a Comment

Wer im sozialgerichtlichen Verfahren seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, muss nach einem rechtskräftigen Gerichtsbescheid des SG Karlsruhe vom 29.06.2018 (Az.: S 11 AS 1811/179 im schlimmsten Fall mit einer Abweisung seiner Klage rechnen. Im hier entschiedenen Fall, in dem der Kläger Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II verlangt, jedoch trotz mehrfacher Aufforderung durch das Gericht keine ausreichende Angaben zu seinem Einkommen und Vermögen gemacht hatte, sah das Gericht aufgrund dessen die Hilfebedürftigkeit des Klägers als nicht erwiesen an.

Was war geschehen?

Der Kläger ist schweizerischer Staatsangehörige und begehrt Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. Das beklagte Jobcenter lehnte seinen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld im März 2017 ab, da er ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland allein zum Zwecke der Arbeitssuche habe. Zudem habe er seine Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger im Klageverfahren. Das Gericht hat ihn aufgefordert, seinen Mietvertrag sowie aktuelle Kontoauszüge vorzulegen. Dem ist der Kläger nicht nachgekommen. Das Gericht hat ihn sodann nochmals an die Eingabe der Unterlagen erinnert und auf seine Mitwirkungspflichten im Verfahren vor dem SG hingewiesen. Der Kläger ist weiterhin untätig geblieben.

SG: Die Hilfebedürftigkeit ist wegen unzureichender Angaben des Klägers nicht erwiesen

Die Klage hatte keinen Erfolg. Bereits die Hilfebedürftigkeit sei nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens und in Ansehung des prozessualen Verhaltens des Klägers nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erwiesen. Aufgrund der unvollständigen Angaben des Klägers zu seinen Lebensumständen bestünden erhebliche Zweifel an dessen Hilfebedürftigkeit. Trotz wiederholter Aufforderung des Gerichts habe dieser nur unvollständige Angaben zu seinen Lebensumständen – insbesondere zu Einkommen und Vermögen – gemacht. So habe er den Antrag auf Arbeitslosengeld II ebenso nicht vollständig ausgefüllt und keinerlei Unterlagen eingereicht. Zwar habe das Gericht im Rahmen der Amtsermittlungspflicht von allen vernünftigen Ermittlungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen. Die Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen nach § 103 SGG stehe aber im Wechselspiel mit der Mitwirkungspflicht der Beteiligten. Komme ein Beteiligter seiner gesetzlichen Mitwirkungspflicht nicht nach, verringerten sich auch die Anforderungen an die Amtsermittlung im Einzelfall. Hinsichtlich der Nichterweislichkeit der Hilfebedürftigkeit als anspruchsbegründender Tatsache trage der Kläger die objektive Beweis- bzw. Darlegungslast.

Tipp von RA Joachim Schwede: Auch wenn der Amtsermittlungsgrundsatz im sozialgerichtlichen Verfahren weiter geht als in anderen Verfahren, sollte man sich nicht darauf verlassen. Wenn das Gericht zur Mitwirkung auffordert, so muss man dem nachkommen – außer man könnte nachweisen, dass das objektiv nicht möglich ist. Aber auch dieser Umstand muss dem Gericht mitgeteilt werden, schlichtes Schweigen kann eine Klageabweisung aus rein formalen Gründen nach sich ziehen.

Über den Autor: Joachim Schwede

Joachim Schwede Rechtsanwalt aus Aichach
Ihr Berater zu Fragen im Arbeits-, Sozial -, Arbeitsschutz- und KiTa-Recht.

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