Der Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege aus § 24 Abs. 2 SGB VIII besteht nicht nur im Rahmen vorhandener Kapazitäten, sondern verpflichtet den Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach einem Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 22.3.2018 (Az. OVG 6 S 2/18) auch dazu, die erforderlichen Kapazitäten zu schaffen (vgl. auch das BVerwG (https://joachimschwede.de/bverwg-die-stadt-muenchen-muss-die-kosten-fuer-einen-selbstbeschafften-luxus-kita-platz-nicht-uebernehmen/). Fachkräftemangel und andere Schwierigkeiten entbinden nicht von der gesetzlichen Pflicht, Kindern, die eine frühkindliche Betreuung in Anspruch nehmen möchten, einen dem individuellen Bedarf gerecht werdenden Betreuungsplatz anzubieten.
In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift “NZFam” (NZFam 2018, 476) kommentiert Rechtsanwalt Joachim Schwede diese Entscheidung wie folgt:
“Es ist eine durchgängige Linie in der Rechtsprechung erkennbar, dass die Gerichte ignorieren, dass es zwar möglich ist, viele Kitas zu bauen und so theoretisch auch eine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen zu schaffen, zumal dafür große Geldmengen zur Verfügung stehen. Die Praxis wartet jedoch auf sachdienliche Hinweise der Gerichte, wie ein konkret vorhandener Mangel an Fachkräften „umschifft“ werden soll. Das OVG Berlin-Brandenburg hat nun scheinbar das „Ei des Kolumbus“ gefunden, indem es am Betreuungsschlüssel dreht. Dass der Betreuungsschlüssel und seine Entwicklung in den letzten Jahren Errungenschaften sind, die nicht ohne Grund seitens des Gesetzgebers wie auch der Eltern und nicht zuletzt auch der Kinder als positive Entwicklung angesehen werden, bemerken die Richter des OVG nicht. Diese „Lösung“ wird zudem auf dem Rücken der Fachkräfte ausgetragen, denen der Betreuungsschlüssel ja auch helfen soll, ihren Aufgaben in zumutbarer und angemessener Weise gerecht zu werden. Leider bleibt dieser Aspekt vom Gericht ebenfalls unerörtert.”