Hintergrund
Bereits seit 1996 besteht in Deutschland ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem Ende des dritten Lebensjahres. Im Jahr 2013 wurde dieser auf Kinder ab einem Jahr ausgeweitet. Dadurch soll sowohl die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert als auch frühes Lernen gefördert werden. Wir wissen allerdings erstaunlich wenig darüber, wie sich das Alter, ab dem Kinder eine Krippe oder einen Kindergarten besuchen, auf ihre spätere Entwicklung auswirkt. In einer gemeinsamen Studie mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat das IAB daher den Effekt eines früheren Kindergartenbesuchs empirisch untersucht.
Ergebnisse der Studie
Die Ergebnisse der Studie sind überraschend:
Der Studie zufolge lässt sich nicht nachweisen, dass sich ein früherer Kindergartenbesuch im Durchschnitt auf die Entwicklung von Kindern auswirkt – zumindest dann nicht, wenn der zeitliche Unterschied für den Eintritt in den Kindergarten bei knapp dreijährigen Kindern fünf Monate nicht überschreitet. Dies gilt für kognitive Fähigkeiten, wie sie etwa in Sprach- oder Mathematiktests erhoben werden, ebenso wie für nicht kognitive Fähigkeiten wie Verlässlichkeit oder Verträglichkeit mit anderen Kindern. Dabei ist schon im Alter von sechs Jahren kein Effekt eines früheren Kindergartenbesuchs festzustellen. Dies gilt auch für Kinder aus sozial schwächeren Haushalten.
Eine mögliche Ausnahme deutet sich allerdings an: Kinder mit Migrationshintergrund scheinen in Landkreisen, in denen die Betreuungsqualität der Kindergärten hoch ist, von einem früheren Kindergartenbesuch tendenziell zu profitieren. Allerdings leben gerade Kinder aus Migrantenfamilien überdurchschnittlich oft in Landkreisen mit einer niedrigen Betreuungsqualität. Um also frühes Lernen bei Kindern mit Migrationshintergrund zu fördern, genügt es nicht, nur die Zahl der Kindergartenplätze zu erhöhen. Vielmehr sollte auch die Qualität von Kinderbetreuungseinrichtungen stärker berücksichtigt werden.