Studien zu modernen Arbeitsformen: Angestellte arbeiten lieber im Büro als zu Hause

Joachim Schwede Archiv Leave a Comment

Vier von zehn Festangestellten (41 Prozent) dürfen im Homeoffice arbeiten, aber die meisten lehnen dankend ab: Wenn Mitarbeiter selbst entscheiden dürfen, wo sie arbeiten, wählt eine deutliche Mehrheit das Büro. 62 Prozent der Festangestellten mit Homeoffice-Erlaubnis machen davon keinen Gebrauch, während 38 Prozent lieber in den eigenen vier Wänden oder mobil arbeiten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von 1.002 Berufstätigen in Deutschland zwischen 16 und 65 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. „Viele Arbeitnehmer haben mittlerweile die Wahl, wo sie arbeiten. Anders als man vielleicht meinen könnte, ziehen die meisten Festangestellten das Büro dem eigenen Zuhause vor – aus ganz unterschiedlichen Gründen“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.

Die meisten wünschen sozialen Kontakt, einige befürchten Karriereknick

Wer im Homeoffice arbeiten darf, aber trotzdem lieber ins Büro geht, führt dafür vor allem soziale Gründe an. 59 Prozent sagen, es sei ihnen wichtig, im Team zu arbeiten. 56 Prozent erklären, der direkte persönliche Austausch im Büro sei ihnen wichtig. Auch Arbeitsgewohnheiten spielen für viele eine Rolle. 52 Prozent geben an, dass ihre Arbeitsweise eine persönliche Anwesenheit erfordere. Jeder Fünfte (20 Prozent) sagt, seine Arbeit könne im Homeoffice nicht erledigt werden und jeder Siebte (15 Prozent) meint, zu Hause nicht produktiv arbeiten zu können. Manche denken bei der Wahl des Arbeitsortes auch an mutmaßliche Karrierechancen. 29 Prozent gehen lieber ins Büro, um im Unternehmen präsent zu sein. Und 11 Prozent geben an, Bedenken zu haben, dass sich fehlende Präsenz negativ auf die Beurteilung durch Vorgesetzte auswirken und etwa bei einer Gehaltsverhandlung nachteilig sein könnte. „Digitale Technologien machen es möglich, unabhängig von Ort und Zeit zu arbeiten. Aber das flexible Arbeiten erfordert klare Regeln – auf Seiten des Arbeitgebers ist Vertrauen gefragt, auf Seiten des Arbeitnehmers ein hohes Maß an Selbstdisziplin“, sagt Berg.

Eine weitere Studie des IW Köln sieht deswegen hier auch die Führungskräfte in der Pflicht: Studienautorin Andrea Hammermann empfiehlt Mitarbeitern und Führungskräften, sich klar abzusprechen, wer wie lange erreichbar sein soll und welche betrieblichen Vorgaben für mobiles Arbeiten gelten. „Betriebliche Rahmenregelungen geben Orientierung, wer unter welchen Bedingungen mobil arbeiten darf, und schaffen Transparenz und Verbindlichkeit“, sagt die IW-Ökonomin. Ob mobile Arbeit insgesamt als positiv empfunden wird, hänge von der persönlichen Situation und den Präferenzen des Einzelnen, von den betrieblichen Rahmenbedingungen und insbesondere von der erlebten Führungs- und Unternehmenskultur ab.

Mehrheit erwartet steigenden Homeoffice-Anteil

Doch bei aller Zurückhaltung ist die Mehrheit aller Erwerbstätigen überzeugt, dass sich ortsunabhängiges Arbeiten immer stärker durchsetzen wird. 53 Prozent erwarten, dass der Anteil der Mitarbeiter, die in Unternehmen ganz oder teilweise vom Homeoffice aus arbeiten, in den kommenden fünf Jahren steigen wird. 41 Prozent erwarten einen konstant bleibenden Anteil. Dass sich der Trend zum Homeoffice umkehrt und der Anteil wieder zurückgeht, erwartet hingegen niemand.

Fast jeder Zweite Erwerbstätige fordert gesetzlichen Anspruch auf Homeoffice

Das Arbeiten fernab des betrieblichen Arbeitsplatzes ist bislang nicht gesondert gesetzlich geregelt. Bei vielen Erwerbstätigen findet die Forderung nach einem Recht auf Homeoffice Zuspruch. 45 Prozent wünschen einen gesetzlichen Anspruch darauf. „Das ist ein hoher Zustimmungswert, zumal Homeoffice längst nicht in allen Berufen möglich ist, wie etwa für Pflegekräfte, Lehrende oder Beschäftigte im Einzelhandel“, sagt Berg. Unabhängig vom Arbeitsort gilt: Der Arbeitgeber muss immer die gesetzlichen Schutzpflichten für Sicherheit und Gesundheit seiner Beschäftigten erfüllen. Auch die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes müssen eingehalten werden, etwa in Bezug auf Höchstarbeitszeit und Ruhezeiten. Wer orts- und zeitflexibel arbeitet, verstößt schnell gegen starre Vorgaben wie den Acht-Stunden-Arbeitstag und die elfstündige Mindestruhezeit. Berg: „Das Arbeitsrecht hinkt in vielen Bereichen den technologischen und kulturellen Entwicklungen hinterher und ist schlichtweg nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen diese antiquierten Gesetze schleunigst an das digitale Zeitalter anpassen und für die Beschäftigten mehr Flexibilität bei der Arbeitsgestaltung ermöglichen, etwa mit einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit an Stelle des Acht-Stunden-Tages.“

Über den Autor: Joachim Schwede

Joachim Schwede Rechtsanwalt aus Aichach
Ihr Berater zu Fragen im Arbeits-, Sozial -, Arbeitsschutz- und KiTa-Recht.

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