AG München: Vorformulierte Kündigungsfrist von sechs Monaten in einem Krippenvertrag kann unangemessen lang sein

Joachim Schwede Archiv Leave a Comment

Das Amtsgericht (AG) München hat mit einem Urteil vom 24.10.2018 (Az.: 242 C 12495/18) eine vorformulierte Kündigungsfrist von sechs Monaten in einem Krippenvertrag als unangemessen lang beurteilt und daher für unwirksam erklärt. Die Frist sei hier u.a. mit Blick auf die streitige Klausel, nach der sich die Kündigungsfrist nach knapp einem Jahr auf drei Monate verkürzte, nicht plausibel.

Was war geschehen?

Das beklagte Ehepaar unterschrieb am 31.7.2017 einen Betreuungsvertrag für ihren Sohn. Dieser sah für den streitgegenständlichen Zeitraum eine Betreuung des Kindes gegen monatliche Betreuungskosten i.H.v. 995 Euro vor. Laut der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) konnte der Betreuungsvertrag mit einer Frist von sechs Monaten und ab dem 1.9.2018 mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsersten gekündigt werden. Am 31.1.2018 kündigten die Beklagten den Betreuungsvertrag schriftlich mit sofortiger Wirkung, vorsorglich zum nächstmöglichen Termin. In der Kündigungsbestätigung wies die Klägerin auf die Kündigungsfrist von sechs Monaten hin, teilte aber mit, dass sie aus Kulanz die Kündigungsfrist auf drei Monate reduziere und bestätigte die Kündigung zum 30.4.2018. Entsprechend verlangte die Klägerin das vereinbarte Betreuungsentgelt bis einschließlich April 2018. Die Beklagten lehnten außergerichtlich eine Zahlung für die Monate März 2018 und April 2018 ab. Die Klägerin war der Ansicht, die Beklagten seien verpflichtet das vereinbarte Betreuungsentgelt für die Monate März und April 2018 zu bezahlen. Die Beklagten meinten hingegen, die vorformulierte sechsmonatige Kündigungsfrist sei unwirksam. Daher gelte die allgemeine gesetzliche Regelung für Dienstverhältnisse mit der Folge, dass der Vertrag durch die Kündigung zum 28.2.2018 beendet worden sei.

AG München: Die Klausel ist unangemessen, eine dreimonatige Kündigungsfrist ist hier ausreichend

Das AG hat die Klage abgewiesen. In nicht direkt auf diesen Vertragstyp anwendbaren gesetzlichen Vorschriften sei eine Dreimonatsfrist genannt, die zumindest eine erste Orientierung auch für die Angemessenheit der hier zu prüfenden Frist gebe. Die Klägerin habe auch keine hinreichenden Gründe genannt, weshalb sie für die Durchsetzung ihrer grundsätzlich nachvollziehbaren Planungsbedürfnisse auf eine Kündigungsfrist von sechs Monaten angewiesen sei. Vielmehr zeige sowohl der praktische Umgang der Klägerin mit dem vorliegenden Fall sowie die ab dem 1.9.2018 vertraglich vorgesehene Kündigungsfrist von drei Monaten, die die Klägerin auch sonst in ihren Verträgen anwende, dass der Klägerin auch eine dreimonatige Kündigungsfrist für ihre Planungsbedürfnisse offensichtlich ausreicht. Nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, wieso vorliegend zunächst eine doppelt so lange Frist erforderlich sein solle, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Weiter weist das AG darauf hin, dass ein Ersatz der unwirksamen Klausel durch eine fiktive gerade noch angemessene Klausel, hier also in der Form einer Dreimonatsfrist, laut Gesetz ausgeschlossen sei, um von der Verwendung einseitig benachteiligender Klauseln abzuhalten. Als Ersatz sollen vielmehr die allgemeinen gesetzlichen Regelungen gelten. Deswegen führe die Unwirksamkeit der vorformulierten Kündigungsfrist zur Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschrift für die Kündigung von Dienstverträgen (§ 621 Nr. 3 BGB) und damit zu einer Beendigung des Vertrages schon Ende Februar 2018.

Über den Autor: Joachim Schwede

Joachim Schwede Rechtsanwalt aus Aichach
Ihr Berater zu Fragen im Arbeits-, Sozial -, Arbeitsschutz- und KiTa-Recht.

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