1. Sofern die Anschaffungskosten für notwendige Schulbücher im Wert von 135,65 € für die 11. Klasse eines Beruflichen Gymnasiums nicht anderweitig übernommen werden (zB im Wege der Lernmittelfreiheit), deckt der Regelbedarf diese Kosten der Höhe nach evident nicht ab.
2. Kosten für Schulbücher, soweit sie nicht tatsächlich durch den Schulträger oder andere staatliche Stellen übernommen werden, sind ein durch Leistungen nach dem SGB II sicherzustellender Bedarf, weil der Bundesgesetzgeber mit dem SGB II das gesamte menschenwürdige Existenzminimum einschließlich der Kosten des Schulbesuchs sicherstellen muss.
3. Es handelt sich um eine planwidrige Regelungslücke, dass für durch Lernmittelfreiheit nicht abgedeckte Schulbuchkosten im Gesamtgefüge des SGB II keine auskömmlichen Leistungen vorgesehen sind. Diese planwidrige Regelungslücke ist durch eine analoge Anwendung des § 21 VI SGB II zu schließen, soweit der Bedarf im Einzelfall unabweisbar ist. (Leitsätze des Verfassers)
LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11.12.2017 – L 11 AS 349/17 , BeckRS 2017, 137750
Siehe dazu die Anmerkung von Joachim Schwede, NZFam 2018, 191!
Kommentare 1
Hoffentlich bewirkt diese Entscheidung zweierlei:
1. Der Flickenteppich der Schulgesetze wird aufgehoben. Jedes Bundesland regelt die Lernmittelfreiheit anders und interpretiert sie auch unterschiedlich.
2. Die Kultusministerien und Schulen werden bei der Auswahl der Lehrmittel kostenbewusster. Es ist ein Unding, wenn wegen minimalster Änderungen in den Lehrplänen ständig neue Bücher angeschafft werden müssen, deren Kosten im Endeffekt die Eltern zu tragen haben. (Die bekommen dann vom Finanzamt die Aussage, Schulbücher seien vom Kindergeld anzuschaffen).