SG Berlin: Keine Prozesskostenhilfe für Prozesshanselei (Streit mit dem Jobcenter um monatlich 1,85 Euro)

Joachim Schwede Archiv Leave a Comment

Eine Hartz-IV-Empfängerin hat nach einem Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 12,6,2018 (S 179 AS 12363/17) keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe (PKH) für einen Streit mit dem Jobcenter um einen Betrag in Höhe von monatlich 1,85 Euro. Der Wert der Klage sei derartig gering und die Klage zudem einfach zu begründen, so dass rechtsanwaltliche Hilfe nicht erforderlich sei. Ein Kläger, der seine Anwaltskosten selbst tragen müsste und den intellektuellen und beruflichen Hintergrund der Klägerin hätte, würde den Prozess vor dem SG vernünftigerweise allein führen.

Was war geschehen?

Die Klägerin hat früher als Selbstständige eine gewerbliche Zimmervermietung betrieben. Nun bezieht sie Hartz-IV-Leistungen vom Jobcenter. Mit Hilfe einer Anwaltsfirma hat sie Ende 2017 vor dem SG Berlin Klage erhoben. Über das bereits bewilligte Arbeitslosengeld II hinaus begehrt sie vom beklagten Jobcenter ab Januar 2018 die Übernahme von 1,85 Euro monatlich (= 22,20 Euro jährlich). So viel kostet der Zündstrom zum Betrieb der Gastherme, mit der sie auch Warmwasser erhitzt. Zugleich hat die Klägerin bei dem Gericht einen Antrag auf Gewährung von PKH gestellt.

SG: Die Waffengleichheit ist auch ohne PKH-Gewährung sichergestellt

Das SG hat den PKH-Antrag abgelehnt. Der Rechtsstreit habe nicht in einem Umfang Aussicht auf Erfolg, der die Gewährung von PKH rechtfertige. Für 1,85 Euro monatlich würde ein nicht bedürftiger Antragsteller mit dem intellektuellen Stand und beruflichen Erfahrungshintergrund der Klägerin vernünftigerweise keine Anwaltskanzlei beauftragen, sondern den Prozess, der ja gerichtskostenfrei sei, selbst führen. Die Prozesskostenhilfe ermögliche nicht, einen Anwalt ohne Beachtung des Verhältnisses zwischen Streitwert und Kostenrisiko zu beauftragen. Zwar seien Rechtsstreitigkeiten nicht allein wegen eines niedrigen Streitwerts mutwillig. Entscheidend sei jedoch, ob die besonderen persönlichen Verhältnisse dazu führten, dass der Grundsatz der Waffengleichheit zwischen den Parteien verletzt sei, also ein deutliches Ungleichgewicht im Kenntnisstand und den Fähigkeiten der beiden Prozessparteien bestehe. Dies sei hier nicht der Fall. Der Klägerin sei es möglich, die Auseinandersetzung um die möglicherweise zu Unrecht nicht gewährten 1,85 Euro sprachlich und inhaltlich zu erfassen und eigene Rechtsschutzziele zu formulieren.

Über den Autor: Joachim Schwede

Joachim Schwede Rechtsanwalt aus Aichach
Ihr Berater zu Fragen im Arbeits-, Sozial -, Arbeitsschutz- und KiTa-Recht.

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