AG München: Kritischer Aufruf eines Elternbeirats rechtfertigt nicht die Kündigung des Betreuungsvertrags mit der Kita

Joachim Schwede Archiv Leave a Comment

Verschickt der Elternbeiratsvorsitzende eines Kindergartens an sämtliche Eltern einen kritischen Elternbrief, in dem er diese auffordert, bei künftigen Problemen neben der Geschäftsführung des Kindergartens auch die Gemeindeverwaltung zu informieren, rechtfertigt dies nicht die Kündigung des Betreuungsvertrags für sein Kind. Es sei nach Ansicht des Amtsgerichts (AG) München gerade Aufgabe des Elternbeirats, als Mittler zwischen Elternschaft und Träger, Kritikpunkte weiterzugeben (Urteil vom 09.08.2018 – 243 C 14364/18).

Was war geschehen?

Der Antragsteller ist Elternbeiratsvorsitzender des Kindergartens, der sein zweieinhalbjähriges Kind betreut. Nach Erörterung diverser Probleme mit dem Landratsamt schickte er in seiner Funktion an sämtliche Eltern einen Elternbrief, in dem er u.a. dazu aufrief, bei künftigen Problemen neben der Geschäftsführung des Kindergartens auch die Gemeindeverwaltung zu informieren, damit “seitens der Gemeinde und des Landratsamtes auf …(die Geschäftsführung) eingewirkt wird, mit den Eltern und dem EIternbeirat im Sinne einer vertrauensvollen Erziehungspartnerschaft zusammen zu arbeiten oder sich die Gemeinde einen anderen Träger sucht.” Daraufhin kündigte die Antragsgegnerin den Betreuungsvertrag unter Verweis auf den Inhalt des Elternbriefs. Der Antragsteller ersuchte um Eilrechtsschutz.

AG: Die Kündigung des Betreuungsvertrages ist voraussichtlich unwirksam

Das AG München hat den Antragstellen Recht gegeben und die Antragsgegnerin zur einstweiligen Fortführung des Betreuungsvertrages verpflichtet. Es sei aller Voraussicht nach davon auszugehen, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam sei. Wegen zu befürchtender negativer Auswirkungen auf das Kind im Fall eines Wechsels müsse das Betreuungsverhältnis vorläufig fortgesetzt werden. Eine außerordentliche Kündigung des Betreuungsvertrags sei nur möglich, wenn Tatsachen vorliegen würden, aufgrund derer der Einrichtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Betreuungsverhältnisses nicht zugemutet werden könne.

Ein derartiger Kündigungsgrund liege hier aber nicht vor. Für die Behauptung der Antragsgegnerin, der Antragsteller habe eigenmächtig gegen die Antragsgegnerin agitiert und zur Verwirklichung eigener Interessen lediglich sein Amt als Elternbeiratsvorsitzender ausgenutzt, fänden sich vorliegend keine hinreichenden Anhaltspunkte. Es sei gerade auch die Aufgabe des Elternbeirats, als Mittler zwischen Elternschaft und Träger, Kritik, welche Eltern in dieser Form oder Schärfe aus Sorge um den Verlust des Betreuungsplatzes oder Auswirkungen auf die Betreuung des Kindes nicht direkt gegenüber der Antragsgegnerin vorbringen möchten, zu sammeln und als Mittler diese Kritik sodann weiterzugeben. Mit dem Aufruf habe der Elternbeirat nur seine ihm vom Gesetzgeber auferlegte Funktion gewahrt.

Angesichts des Vertragswortlautes sei zudem hier auch eine ordentliche Kündigung unwirksam.

Über den Autor: Joachim Schwede

Joachim Schwede Rechtsanwalt aus Aichach
Ihr Berater zu Fragen im Arbeits-, Sozial -, Arbeitsschutz- und KiTa-Recht.

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