BSG: Keine Sperrzeit bei einer Arbeitslosmeldung nach der Altersteilzeit wegen einer rentenrechtlicher Änderung

Joachim Schwede Archiv 4 Kommentare

Nimmt ein Arbeitnehmer am Ende der Altersteilzeit entgegen seiner ursprünglichen Planung nicht sofort die Altersrente in Anspruch, sondern beantragt erst einmal Arbeitslosengeld, weil er  bedingt durch eine Gesetzesänderung zu einem späteren Zeitpunkt abschlagsfrei in die Rente gehen kann, tritt nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.09.2017 (Az.: B 11 AL 25/16 R) keine Sperrzeit ein. Hier sei ein wichtiger Grund i.S.d. § 159 Abs. 1 SGB III gegeben, der nicht wegen der späteren Planänderung entfalle.

Was war geschehen?

Die Klägerin schloss im Jahr 2006 mit ihrer Arbeitgeberin, bei der sie seit 1982 beschäftigt war, einen Altersteilzeitvertrag mit dem das bestehende unbefristete Arbeitsverhältnis in ein bis zum 30.11.2015 befristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt wurde. Sie hatte beabsichtigt, nach Ende der Freistellungsphase der Altersteilzeit die vorzeitige Altersrente in Anspruch zu nehmen. Davon nahm sie jedoch Abstand, als zum 01.07.2014 die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte eingeführt wurde. Wegen dieser Änderung meldete sie sich zum 01.12.2015 arbeitslos. Die beklagte Agentur für Arbeit lehnte die Zahlung von Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit für einen Zeitraum von zwölf Wochen ab. Die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis ohne wichtigen Grund selbst gelöst. Ab dem 01.03.2016 bezog die Klägerin Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

Entscheidung

Das Sozialgericht wies die Klage ab. Das Landessozialgericht bestätigte die Sperrzeit zwar im Grundsatz. Die Dauer der Sperrzeit sei aber wegen einer besonderen Härte auf sechs Wochen zu verkürzen. Dagegen legte die Beklagte Revision zum BSG ein.

Das BSG hat diese Revision zurückgewiesen. Das Verhalten der Klägerin rechtfertige keinen Eintritt einer Sperrzeit. Diese habe ihr Beschäftigungsverhältnis zwar dadurch gelöst, dass sie durch eine Altersteilzeitvereinbarung das unbefristete Arbeitsverhältnis in ein befristetes umgewandelt hat, wodurch sie nach dem Ende der Freistellungsphase zum 01.12.2015 beschäftigungslos geworden sei. Dafür könne sie sich aber auf einen wichtigen Grund berufen. Für den Fall der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Altersteilzeitvertrag habe es bereits im Jahr 2009 (BeckRS 2009, 72479) entschieden, dass sich ein Arbeitnehmer auf einen wichtigen Grund berufen kann, wenn er bei Abschluss der Vereinbarung beabsichtigt, nahtlos von der Freistellungsphase der Altersteilzeit in einen Rentenbezug zu wechseln und eine entsprechende Annahme bei prognostischer Betrachtung objektiv gerechtfertigt ist. Dies sei bei der Klägerin der Fall gewesen. Dem BSG zufolge sei es für die Beurteilung des wichtigen Grundes unerheblich, dass die Klägerin von ihren ursprünglichen Plänen erst im Jahr 2014 Abstand genommen habe, weil sich für sie nachträglich die Möglichkeit ergab, drei Monate nach dem geplanten Rentenbeginn Altersrente ohne Abschlag zu beziehen. Dieser wichtige Grund sei nicht deshalb entfallen, weil die Klägerin entgegen ihrer ursprünglichen Absicht keine Altersrente mit Abschlägen beantragt hat. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes sei inhaltlich und zeitlich allein bezogen auf den das Beschäftigungsverhältnis auflösenden Akt zu prüfen.

Fazit: Es ist nicht Aufgabe der Agentur der Arbeit, die Motivationslagen des Antragsstellers zu durchleuchten, sondern allein, die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragstellung zu prüfen. Verhängte Sperrzeiten und Leistungsverweigerungen sollten unter dem Gesichtspunkt einer Fehleinschätzung der Agentur für Arbeit hinsichtlich ihrer Aufgaben stets mit dem Widerspruch und nach eingehender rechtlicher Beratung angegriffen werden.

Über den Autor: Joachim Schwede

Joachim Schwede Rechtsanwalt aus Aichach
Ihr Berater zu Fragen im Arbeits-, Sozial -, Arbeitsschutz- und KiTa-Recht.

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Kommentare 4

  1. Jakob Creeten

    So , geschafft . Meine Sperre ist nach erfolgreicher Klage aufgehoben worden . Das nenne ich Willkür Seitens der Agentur für Arbeit .

  2. Jakob

    Also , ich möchte mal mitteilen , das die Agentur für Arbeit auch weiterhin eine 12 wöchige Sperre verhängt . so ist es zur Zeit in meinem Fall . Auf meinen Hinweis zum Urteil des Bundessozialgerichts vom 12.09.2017 , meinte die Dame nur : wir haben Anordnung auch weiterhin eine Sperre zu verhängen . Soweit mein Fall vom 04.02.2017 bei der Agentur für Arbeit in Bad Neuenahr .
    Auf meine Frage ob sie sich über höchste richterliche Entscheidung hinweg setzen will , schaute sie mich nur kommentarlos an und schweigte .

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