Es verstößt nicht gegen EU-Recht, wenn Mitgliedstaaten für ein Kopftuchverbot am Arbeitsplatz mehr fordern als die abstrakte Eignung des Kopftuchs zur Gefährdung der Neutralität des Arbeitgebers (Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, Schlussanträge vom 25.2.2021 – C?804/18; C?341/19). Konkret geht es in dem Verfahren darum, dass in Deutschland die “hinreichend konkrete Gefahr eines wirtschaftlichen Nachteils für den Arbeitgeber oder einen betroffenen Dritten” nachgewiesen werden muss.
Hintergrund: Vorlagen zweier deutscher Gerichte an den EuGH
Hintergrund sind zwei Fälle aus Hamburg und dem Raum Nürnberg. Zum einen war eine muslimische Mitarbeiterin einer überkonfessionellen Kita mehrfach abgemahnt worden, weil sie mit Kopftuch zur Arbeit erschienen war. Das Arbeitsgericht Hamburg hatte in dem Fall Fragen an den EuGH gerichtet. Zum anderen hatte das Bundesarbeitsgericht im Fall einer Muslimin, die gegen ein Kopftuchverbot bei der Drogeriemarktkette Müller geklagt hatte, den EuGH um Klärung gebeten. Während sich die Angestellte in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt sah, verwies die Drogeriekette auf unternehmerische Freiheit.
Bereits 2017 hatte der EuGH in einem ähnlichen Fall entschieden. Damals sprachen sich die obersten Richter der EU dafür aus, dass Arbeitgeber ein Kopftuch im Job unter Umständen verbieten können, etwa wenn weltanschauliche Zeichen generell in der Firma verboten seien und es sachliche Gründe dafür gebe. Unter diesen Umständen stelle ein Kopftuchverbot keine unmittelbare Diskriminierung dar.
Hinweis von RA Joachim Schwede: In den meisten Fällen entscheidet der EuGH nach den Anträgen des Generalanwalts. Wenn das auch hier der Fall ist, wird es auch weiterhin keine klaren Vorgaben zu religiösen Bekundungen am Arbeitsplatz geben.