Keine Kostenübernahme für die Mittagsbetreuung im Rahmen der Jugendhilfe

Joachim Schwede Archiv Leave a Comment

Mit Beschluss vom 15.02.2017 hat der Verwaltungsgerichtshof VGH München (Az.: 12 BV 16.1855) entschieden, dass eine Kindertageseinrichtung nach § 22 I SGB VIII nicht vorliegt, wenn Schülern eingebunden in die Schulorganisation nach der Beendigung des Unterrichts durch Fachlehrer die Möglichkeit der Hausaufgabenbetreuung, der Vertiefung des im Unterricht Gelernten oder des bloßen Aufenthalts geboten wird. Eine solche, rein an schulischen Zwecken orientierte Betreuung wird dem sehr umfassenden Förderbegriff des § 22 Abs. 2, Abs. 3 SGB VIII nicht gerecht.

Was war geschehen

Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten für eine Mittagsbetreuung. Die ALG II beziehende Klägerin beantragte beim Beklagten die Übernahme dieser Kosten, die für ihre Tochter entstanden waren, im Rahmen der Jugendhilfe. Die Beklagte lehnte die Übernahme der Gebühren mit der Begründung ab, dass es sich bei der Mittagsbetreuung an der Grundschule nicht um eine Tageseinrichtung für Kinder i.S.d. § 22 SGB VIII handele. Der gegen diese Entscheidung eingelegte Widerspruch sowie die gegen den ablehnenden Bescheid erhobene Klage vor dem VG München blieben erfolglos, wogegen sich nun die Berufung der Klägerin richtet.

Entscheidung des Gerichts

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Mittagsbetreuung ihrer Tochter aus § 90 Abs. 3 S. 1 SGB VIII nicht zu. Diese Vorschrift setzt das Vorliegen der Betreuung von Kindern in einer Tageseinrichtung i.S.d. § 22 SGB VIII voraus. Kindertageseinrichtungen i.S.d. § 22 Abs. 1 SGB VIII sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten. Ziele, die derartige Einrichtungen verfolgen, definiert § 22 Abs. 2 S. 2 SGB VIII. Eine Tageseinrichtung in diesem Sinne liegt nach der Entscheidung jedoch dann nicht vor, wenn den Schülern einer Schule eingebunden in ihre Schulorganisation nach der Beendigung des Unterrichts durch Fachlehrer die bloße Möglichkeit beaufsichtigter Hausaufgabenanfertigung, der Vertiefung des im Unterricht Gelernten, der Behebung von Wissensdefiziten oder des bloßen Aufenthalts geboten wird. Eine derartige Betreuung werde dem einer Tageseinrichtung i.S.d. § 22 SGB VIII kennzeichnenden, sehr umfassenden Förderbegriff des § 22 Abs. 2, Abs. 3 SGB VIII regelmäßig nicht gerecht. In ihnen sei der Zweck einer derartigen Mittagsbetreuung in erster Linie die Betreuung und Beaufsichtigung der einzelnen Kinder außerhalb der Unterrichtszeiten. Eine derartige (Mittags-)Betreuung erhebe keinen – über schulische Zwecke hinausreichenden – pädagogischen Anspruch.

Anders würde es sich verhalten, wenn die angebotene Betreuung darüber hinaus ein umfangsreiches Zusatzangebot umfassen würde, welches mindestens zugleich auch der Erreichung der in § 22 Abs. 3 SGB VIII genannten Förderziele dienen bzw. deren Erreichung unterstützen würde. Aus diesem Grunde sei jeweils das konkrete Angebot der jeweiligen Einrichtung anhand der gesetzlich festgeschriebenen Kriterien zu überprüfen.

Da dies im vorliegenden Fall nicht zutraf, war nach Ansicht des VGH die Klage abzuweisen.

Wichtig für die Praxis

Es ist daher dringend angeraten, um später nicht auf den Kosten der (Mittags-)Betreuung „sitzen zu bleiben“, prüfen zu lassen, ob eine Tageseinrichtung die in § 22 Abs. 2, Abs. 3 SGB VIII festgeschriebenen Kriterien erfüllt.

© Gaby Schwede

Über den Autor: Joachim Schwede

Joachim Schwede Rechtsanwalt aus Aichach
Ihr Berater zu Fragen im Arbeits-, Sozial -, Arbeitsschutz- und KiTa-Recht.

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