Einem Arbeitnehmer steht Krankengeld auch dann zu, wenn er das Attest für die fortdauernde Krankschreibung bei seiner Krankenkasse erst verspätet vorlegt, weil der untersuchende Arzt es ihm erst nachträglich zugeleitet hatte, da die unzureichende Büroorganisation des Arztes in der Risikosphäre der Krankenkasse liege, entschied das Sozialgericht München mit Urteil vom 17.06.2020 (S 7 KR 1719/19).
Was war geschehen?
Der Arbeitnehmer hatte sich an einem Montag um eine erneute Krankschreibung bemüht. Der Arzt hatte diese aber im Anschluss an die Untersuchung wegen einer fehlenden Schreibkraft nicht noch am gleichen Tag ausgestellt, sondern sie dem Patienten erst am folgenden Samstag übermittelt. Obwohl der Arbeitnehmer die Bescheinigung noch am gleichen Tag auf den Weg gebracht hatte, wollte die Krankenkasse ihm das Krankengeld für die Zeit zwischen der Untersuchung und dem Erhalt der Bescheinigung verweigern. Sie argumentierte, der Betroffene hätte sich auch per Telefon oder Fax weiterhin krankmelden können.
SG: Die unzureichende Büroorganisation des Arztes muss die Krankenkasse vertreten
Das SG München ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Die unzureichende Büroorganisation des Arztes liege hier in der Risikosphäre der Krankenkasse. Schließlich bediene sich die Krankenkasse ausdrücklich dafür zugelassener Kassenärzte. Wenn dieser Arzt nicht in der Lage sei, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unverzüglich nach Untersuchung auszustellen, müsse die Krankenkasse sich diese Versäumnis zurechnen lassen.
Hinweis von RA Joachim Schwede: Leider kommt es immer wieder vor, dass eine Krankenkasse die Weiterzahlung des Krankengeldes verweigert, weil die so genannte “Folgebescheinigung” (= die weitere Krankschreibung durch den Arzt bei längerfristigen Erkrankungen) zu spät angekommen sei. Es empfiehlt sich unbedingt, im Falle einer solchen fortgesetzten Krankschreibung – falls der Arzt diese nicht sofort ausstellt und aushändigt – kurz unter Angabe der Versichertennummer bei einer Service-Nummer der Krankenversicherung anzurufen und die weitere Krankschreibung mitzuteilen.
Und nicht vergessen: In diesem Fall sollte man sich unbedingt Datum, Uhrzeit, Vorname und Name des dortigen Ansprechpartners aufschreiben!