SG München: Krankengeldanspruch trotz verspäteten Attests möglich

Joachim Schwede Archiv Leave a Comment

Einem Ar­beit­neh­mer steht Kran­ken­geld auch dann zu, wenn er das At­test für die fort­dau­ern­de Krank­schrei­bung bei sei­ner Kran­ken­kas­se erst ver­spä­tet vor­legt, weil der un­ter­su­chen­de Arzt es ihm erst nach­träg­lich zu­ge­lei­tet hatte, da die un­zu­rei­chen­de Bü­ro­or­ga­ni­sa­ti­on des Arz­tes in der Ri­si­ko­s­phä­re der Kran­ken­kas­se liege, ent­schied das So­zi­al­ge­richt Mün­chen mit Urteil vom 17.06.2020 (S 7 KR 1719/19).

Was war geschehen?

Der Arbeitnehmer hatte sich an einem Montag um eine erneute Krankschreibung bemüht. Der Arzt hatte diese aber im Anschluss an die Untersuchung wegen einer fehlenden Schreibkraft nicht noch am gleichen Tag ausgestellt, sondern sie dem Patienten erst am folgenden Samstag übermittelt. Obwohl der Arbeitnehmer die Bescheinigung noch am gleichen Tag auf den Weg gebracht hatte, wollte die Krankenkasse ihm das Krankengeld für die Zeit zwischen der Untersuchung und dem Erhalt der Bescheinigung verweigern. Sie argumentierte, der Betroffene hätte sich auch per Telefon oder Fax weiterhin krankmelden können.

SG: Die unzureichende Büroorganisation des Arztes muss die Krankenkasse vertreten

Das SG München ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Die unzureichende Büroorganisation des Arztes liege hier in der Risikosphäre der Krankenkasse. Schließlich bediene sich die Krankenkasse ausdrücklich dafür zugelassener Kassenärzte. Wenn dieser Arzt nicht in der Lage sei, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unverzüglich nach Untersuchung auszustellen, müsse die Krankenkasse sich diese Versäumnis zurechnen lassen.

Hinweis von RA Joachim Schwede: Leider kommt es immer wieder vor, dass eine Krankenkasse die Weiterzahlung des Krankengeldes verweigert, weil die so genannte “Folgebescheinigung” (= die weitere Krankschreibung durch den Arzt bei längerfristigen Erkrankungen) zu spät angekommen sei. Es empfiehlt sich unbedingt, im Falle einer solchen fortgesetzten Krankschreibung – falls der Arzt diese nicht sofort ausstellt und aushändigt – kurz unter Angabe der Versichertennummer bei einer Service-Nummer der Krankenversicherung anzurufen und die weitere Krankschreibung mitzuteilen.
Und nicht vergessen: In diesem Fall sollte man sich unbedingt Datum, Uhrzeit, Vorname und Name des dortigen Ansprechpartners aufschreiben!

Über den Autor: Joachim Schwede

Joachim Schwede Rechtsanwalt aus Aichach
Ihr Berater zu Fragen im Arbeits-, Sozial -, Arbeitsschutz- und KiTa-Recht.

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