Geldbußen und verwehrte Kindergartenplätze für ungeimpfte Kinder sind nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Urteil vom 08.04.2021 – 47621/13; 3867/14; 73094/14; 19306/15; 19298/15; 43883/15) bei der Verletzung der Impfpflicht in Tschechien zulässig. Sie seien kein Verstoß gegen das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.
Der Fall
In Tschechien gilt eine Impfpflicht gegen neun bekannte Kinderkrankheiten wie Masern, Röteln und Mumps. Kindergärten und Krippen können ungeimpfte Kinder abweisen. Bei Verstößen droht Eltern außerdem eine Geldbuße.
EGMR: Der Eingriff in das Privatleben ist im Interesse der Kinder gerechtfertigt
Die Große Kammer des EGMR entschied nun über sechs Fälle, in denen Kinder nicht wie vorgesehen ihre Routineimpfungen erhalten hatten. Fünf der Beschwerden wurden von den betroffenen Kindern selbst eingereicht. Das Gericht sieht eine Impfpflicht zwar als Eingriff in das Recht auf Privatleben, die tschechische Regelung aber als angemessen an. Ziel sei es, Kinder vor Krankheiten und einem ernsthaften gesundheitlichen Risiko zu schützen – mit Impfungen oder, wenn nicht möglich, durch eine entstehende Herdenimmunität. Dies sei im besten Interesse der Kinder.
Hinweis von RA Joachim Schwede: Wegen der laufenden und noch anstehenden Prozesse in Deutschland die Masernimpfpflicht für den Kita-Besuch betreffend, ist diese Entscheidung von großer Bedeutung. Es finden sich wichtige Argumente, die Impfgegnern entgegengehalten werden können. Auf die Corona-Impfungen sind diese Gedanken aber wohl nur eingeschränkt zu übertragen.