Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit einem am 05.08.2020 veröffentlichtem Beschluss vom 09.07.2020 zwei Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen Entscheidungen der Arbeitsgerichte über die Zulässigkeit von Streikmaßnahmen auf dem Betriebsparkplatz direkt vor dem Haupteingang zum Betrieb richteten (Az. 1 BvR 719/19; 1 BvR 720/19). Die Kammer entschied, dass die nicht tarifgebundenen Beschwerdeführerinnen durch Streikmaßnahmen auf dem betriebseigenen Parkplatz vor dem Eingang zum Betrieb nicht in ihren Grundrechten auf Eigentum und unternehmerische Handlungsfreiheit verletzt werden, da die Gewerkschaft auf die Möglichkeit angewiesen sei, Beschäftigte ansprechen zu können, um ihre Rechte aus Art. 9 III GG auszuüben. Diese Abwägung der betroffenen Grundrechte verkenne, so das Gericht, die grundgesetzlichen Wertungen nicht. Daher sind die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Was war geschehen?
Seit 2014/2015 kommt es bei den beiden beschwerdeführenden großen, nicht tarifgebundenen Handelsunternehmen zu gewerkschaftlich initiierten Streiks. Die Gewerkschaft zielt auf Anerkennungstarifverträge dieser Arbeitgeber für die einschlägigen Tarifverträge des Einzel- und Versandhandels. An einzelnen Streiktagen versammelten sich daher Vertreterinnen und Vertreter der Gewerkschaft mit den streikenden Beschäftigten kurz vor Schichtbeginn auf dem jeweiligen Betriebsparkplatz. Dieser ist sehr groß und durch Schilder als Privatgrundstück gekennzeichnet. Er befindet sich direkt vor dem Haupteingang des Betriebs, der nur über den Parkplatz erreicht werden kann, und wird aufgrund der außerörtlichen Lage auch von fast allen Beschäftigten genutzt.
Die Beschwerdeführerinnen haben sich gegen diese Streikmaßnahmen auf ihr Hausrecht auf dem Parkplatz berufen. Das BAG entschied nach Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen, dass die Streikmaßnahmen dort hinzunehmen seien.
BVerfG: Keine Grundrechtsverletzungen durch die Streikmaßnahmen
Die Verfassungsbeschwerden sind nicht begründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen die Beschwerdeführerinnen nicht in ihren Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG. Sie wenden sich letztlich gegen das Ergebnis der fachgerichtlichen Grundrechtsabwägung. Das BAG (1 AZR 12/17) habe die grundrechtlichen Wertungen hier jedoch nicht verkannt.