Eine querschnittsgelähmte Frau kann die Ausgaben von über 100.000 EUR für ihre Teilnahme an einem „Project Walk“-Training in den USA nicht von ihrer Krankenkasse zurückverlangen. Nach Ansicht des Bundessozialgerichts (Urteil vom 16.08.2021, Az. B 1 KR 29/20 R) entsprach diese Rehabilitationsmaßnahme nicht dem bisherigen Stand der Wissenschaft. Auch habe sich die Versicherte vorzeitig auf diese Behandlung festgelegt.
Was war geschehen?
Seit einem Reitunfall im Jahr 2006 als Fünfzehnjährige war die Klägerin unterhalb des vierten Halswirbelkörpers querschnittsgelähmt (inkomplette Tetraparese). Im Jahr 2013 begann sie dann eine Behandlung in dem amerikanischen Trainingszentrum „Project Walk“. Im folgenden Jahr beantragte sie bei ihrer Krankenkasse die Übernahme der Therapiekosten von März 2014 bis Februar 2015 i.H.v. 106.845 EUR für Behandlungen, Wohnungsmiete, Betreuung, Flüge und Mietwagen, Miete eines behindertengerechten Betts sowie Fahrdienste. Bis auf monatlich 800 EUR lehnte die DAK eine Erstattung aber ab: In Deutschland stünden mit 26 Querschnittszentren genügend adäquate Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zudem habe die Frau mit der Therapie in den USA schon vor der Stellung des Antrags angefangen, so dass die Krankenkasse keine Möglichkeit gehabt habe, sie im Vorfeld zu beraten und etwaige Alternativen aufzuzeigen. Bereits das Landessozialgericht Bayern sah kein Versorgungsdefizit bei physiotherapeutischen Angeboten. Dem schloss sich das BSG nun in der Revision an.
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